Hopp Schwiiiitz !!! Da müssen wir doch gleich zuerst mal einen Freudenschrei ausstossen über die gewonnen Goldmedaillen an den olympischen Spielen in Vancouver. Ganz speziell jubeln wir über den sensationellen, ja historischen Sieg von Langläufer Dario Colnago - einfach toll!!!

NL22-01

 

Alles hat einmal ein Ende und so leider auch das Billardspielen bei Ruth und Franz! Zu schön war es in Huntington Beach und wir tun uns wieder schwer mit Aufbrechen. Die beiden möchten uns am liebsten gar nicht mehr gehen lassen. Nach über zweieinhalb Wochen in der Surfer City begeben wir uns auf einen Weg, der uns aber in kürzester Zeit so viele schöne, spontane und spannende Begegnungen beschert wie noch nie zuvor - wir könnten nur schon über diese nächste Teilstrecke Bücher schreiben ...

NL22-02Dangerous ... ! Die Fahrt entlang der Küste ist abwechslungsreich und kurzweilig. In Long Beach besuchen wir die schöne, alte Dame „Queen Mary" (Ozeandampfer) die von 1936 bis 1967 im Einsatz war und nun als Hotel festgemacht ist. Eine Übernachtung darin können wir uns leider nicht leisten. Gleich danach geraten wir bei der Überquerung des Hafens von Long Beach und Los Angeles in die gefährlichste Verkehrssituation unserer NL22-03gesamten Reise. Inmitten von schrecklich rasendem Lastwagenverkehr müssen wir zwei grosse und äusserst schmale Bogenbrücken überqueren. Es hat keinen Seitenstreifen, die Trucks rasen nur Zentimeter knapp an uns vorbei und wir müssen mehrere Male gefährliche, 4 Meter breite Brückenfugen diagonal überqueren, da unsere Räder ansonsten glatt in den Längsgittern stecken bleiben würden. Zum Glück ist sich ein gütiger Truckfahrer unserer Gefahr bewusst und schirmt uns von hinten während wohl 15 Minuten ab. Nicht auszudenken, was sonst passiert wäre, als tatsächlich NL22-04das Hinterrad von Marion steckenblieb.Sie kriegt vor Angst fast einen Asthmaanfall und wir sind überglücklich als wir endlich wieder von dieser Strasse wegkommen - dies war wohl definitiv der falsche Weg!!! Auf etwas ruhigeren Strassen umfahren wir Los Angeles und wir können mit unseren Bikes direkt durch die bekannten Strände von Los Angeles (Manhatten Beach, Venice Beach, Malibu) fahren. Hier begleiten uns für die nächsten 30 km Linda und Steve auf ihrem Tandem, bei denen wir wegen des schlechten Wetters 2 Tage verweilen konnten.

 

NL22-FlagCaliforniaKalifornien wird auch der „Goldene Staat" genannt. Nicht, wie man meinen könnte, wegen des Reichtums; der Name stammt daher, weil die heissen Sommer alles austrocknen und sich die Felder und Wiesen zu einem goldenen Teppich verfärben. Es ist der 3. grösste Staat der USA, hat über 36 Millionen Einwohner und wir zurzeit von Gouverneur Arnold Schwarzenegger „geführt". Der Staat hat eine unglaublich grosse landschaftliche Vielfalt. Wir könnten mehrere Monate hier bleiben um nur einige der schönen Plätzchen zu besuchen. Die Westküste im südlichen Kalifornien bis nach San Francisco ist geprägt von den beiden grossen Städten San Diego und Los Angeles, von Sandstränden, felsigen Steilküsten, von Landwirtschaft, Wind, Regen, rauer See mit hohen Wellen und unzähligen Parks.

 

NL22-07Weg vom Rummel ... Endlich bringen wir die bevölkerungsreichen Gegenden hinter uns und es erwartet uns mehr Natur, schöne Küstenlandschaften mit steilen Klippen. Immer wieder führt uns die Pacific Bike Route auf den grossen Highway 101, da keine anderen Strassenverbindungen der Küste entlang vorhanden sind. Ein 2 Meter breiter Seitenstreifen macht zwar das Radeln sehr sicher, doch die vielen vorbeibrausenden Autos bescheren einem nicht gerade das berauschende Vergnügen. Von der schönen Stadt Santa Barbara, der Wahlheimat von Lance Armstrong, sehen wir nicht viel. Wir ziehen einen der bisher seltenen Regentage ein und verschanzen uns da für zwei Stunden zum Trocknen und Aufwärmen in einem Starbucks. Wir verlassen unsere Route entlang des Pacifics für einmal, fahren ins Inland und üNL22-05ber einen Umweg nach Los Olivos zu Chris. In einem Abstecher erreichen wir Solvang, das als das dänische Dorf bekannt ist und 1911 von einer Gruppe dänischer Lehrer gegründet wurde. Erstaunlicherweise stimmt die Versprechung, und es handelt sich nicht bloß um eine Attraktion aus Pappe wie man sie aus Las Vegas kennt. Es erwarten uns Fachwerkhäuser und Windmühlen. Kaffee und leckere Spezialitäten locken die Touristen in den Ort (und uns selbstverständlich auch!). Das skandinavische Flair ist allgegenwärtig. Wir können nicht widerstehen und verdrücken gleich zwei grosse Cinnamon-Rolls - Mampf!

 

Ein überraschend bekannter Ort ... Weit abgelegen, in herrlicher Hügel- und Berglandschaft erreichen wir die Midland School, an der Chris als Lehrer arbeitet.NL22-06-1 Es ist eine ganze besondere Schule, die unser grösstes Interesse weckt und wir daher einen Tag bleiben. Hier wird nicht nur harte Mathe geschult, vielmehr wird den Schülern die grundlegendsten und wichtigsten Werte des Lebens vermittelt, alles in Einklang mit der Natur und ohne Luxus. Die Schüler leben auf dem Areal der Schule in kleinen Holzhäuschen und sind für viele Dinge des Alltags selber verantwortlich, wie Wäsche, Feuer für heisses Duschwasser usw. Die Schulzimmer sind äusserst einfach, teilweise sogar outdoor. Chris, ein sympathischer und selber begeisterter Tourenfahrer, zeigt uns die ganze Schulanlage, ein kleines Dörfchen, und die herrliche Atmosphäre lässt uns wie zu unserer Jugendzeit in ein Jungwacht- oNL22-06der Pfadfinderlager zurückversetzen. So nebenbei erwähnt Chris, dass „da drüben", 100 Meter von uns entfernt, das Eingangsportal von Michael Jacksons ehemaliger Neverland Ranch ist. Da staunen wir selber, wo wir gelandet sind, ohne es zu wissen. Natürlich schauen wir uns das Eingangsportal gleich näher an, welches äusserst einfach gehalten ist. Nichts weist mehr auf den bekannten Ort hin. Als wir die wunderschön gelegene Midland School wieder verlassen, müssen wir uns aber nicht definitiv von Chris verabschieden ...

 

Los Marandis bei den Schweizern ... Wir lernten ja bereits auf der Baja California in México die grosse Gastfreundschaft der Amerikaner kennen. In der folgenden Woche werden wir fast täglich mit Herzlichkeit und Gastfreundschaft überhäuft und überrascht. Da sind wir zwei Mal spät NL22-08unterwegs und erreichen den nächstgelegenen Camping nicht mehr, so dass wir jeweils bei einer Ranch nachfragen, ob wir auf dem Grundstück zelten könnten. In beiden Fällen klopften wir zufälligerweise bei Schweizern an, die entweder in der letzten Generation oder als Kinder in die USA kamen. Unweigerlich gib es da viel zu erzählen. Bei den einen können wir gleich im Gästehaus unsere Betten beziehen und bei den anderen gibt es einen guten Tropfen kalifornischen Wein (zur Eröffnung der olympischen Spiele) und ein ausgeprägtes Frühstück mit Eier uns Speck. Zufälligerweise besitzen diese auch gleich noch ein bekanntes Steakhouse, welches auf unserm Weiterweg liegt. Wir erhalten zwei Gutscheine und können uns dort am nächsten Tag zum Lunch unsere Bäuche mit grossen Steaks füllen ...

Auf dem Weg nach Pismo Beach fahren wir an schönen Sanddünen vorbei, die direkt NL22-09am Meer liegen. Hier wurden viele bekannte Kinofilme gedreht wie z.B. Pirates of the Caribbean. In Pismo Beach erleben wir zum ersten Mal, dass ein Camping voll ist und keinen Platz mehr für uns hat. Mit dem haben wir zu dieser Jahreszeit nun wirklich nicht gerechnet und so entscheiden wir uns weiterzufahren um ev. irgendwo bei einer Ranch anzuklopfen. In diesem Moment überholt uns ein Rennradfahrer und sieht uns wohl an, dass wir ein wenig hilflos in die Welt gucken. Vince ist so begeistert von unserer Radreise, dass er uns sofort zu sich nach Hause einlädt. Was für ein Glücksfall für uns ... wir lernen eine äusserst liebe Familie kennen, werden zu einem sNL22-10uperleckeren Nachtessen eingeladen und dürfen ausgeprägt frühstücken. Vince lässt es sich nicht entgehen und begleitet uns am nächsten Tag auf seinem Rennrad die ganze Strecke zu unserem nächsten Etappenort Morro Bay. Einige Tage später überrascht uns die Familie nochmals, als sie mit ihrem Auto auf dem Weg nach San Francisco sind. Perfekt um die Mittagszeit halten sie neben uns und versorgen uns mit Sandwiches, Kaffee und Cinnamon Rolls.

 

Morro Bay - ein kleines Dörfchen direkt am Meer gelegen wird vom NL22-11eindrücklichen Morro Rock überragt. Dieser soll anscheinend neben dem Ayers Rock in Australien der zweitgrösste, freistehende Felsen der Welt sein. In San Simeon treffen wir wie abgemacht Chris von der Midland School wieder. Er hat gerade Schulferien und wird mit uns zusammen zwei Tage lang nach Norden fahren. Eine schöne Abwechslung für uns und wir haben mit Chris eine lustige Zeit. Mit ihm fahren wir den bisher schönsten, aber auch den anstrengendsten Teil der Küste. Zuerst wollen wir aber dem nach Fisch sNL22-15tinkenden Geruch nachgehen, der unsere Nasen füllt. Direkt neben der Strasse liegen sie am Strand ... zu hunderten ... Elephant Seals. Nach einer harten Zeit der Geburt, Aufzucht und Fressen im Meer ist nun für mehrere Wochen Ruhezeit für diese mächtigen Tiere. Sie liegen einfach da und tun nichts, ausser, dass sie sich mit ihren eigenen Flossen Sand auf den Körper werfen, um die Haut vor der Sonne zu schützen. Ab und zu tragen die imposanten Männchen Machtkämpfe unter sich aus. Bei schönstem Wetter, in ständigem Auf und Ab fahren wir der wilden Westküste mit ihren hohen Klippen nordwärts - iNL22-13mmer mit Blick aufs offene Meer hinaus. Leider können wir nie einen Wal oder Delphin entdecken. In den langen, steilen Aufstiegen kommen wir ganz bös ins Schwitzen und merken, dass wir schon lange keine Berge mehr gefahren sind. Die Küste ist hier sehr dünn besiedelt und hat wenige Einkaufsmöglichkeiten. Im Sommer muss hier aber der „Teufel" los sein, wenn all die Touristen mit Motorrad, Autos, Cabriolets und riesigen Motorhomes der Küste entlang fahren, die eine der bekanntesten und schönsten von ganz Amerika sein soll. Warum wohl sonst drehen so viele Autofirmen hier ihre Werbetrailers?

NL22-16Obwohl die Küste nun wieder etwas bewohnter wird, merkt man nichts, dass wir uns kurz vor der grossen Metropole San Francisco befinden. Immer wieder können wir einsamen Küstenstrassen entlangfahren und in schönen Parks campen. In Carmel-by-the-Sea gehört ein Abstecher ins Dorf dazu, dessen Mayor für kurze Zeit Clint Eastwood war. In Santa Cruz, der Geburtsstätte der bekannten Lables "Santa Cruz" und "O'Neill" bleiben wir zwei Tage, um vor den bevorstehenden Schlechtwettertagen zu fliehen. Einer davon war dann zwar super sonnig, aber egal...

Nach 15 Radtagen und über 1000 km seit Huntington Beachfahren wir in strömendem Regen, auf den „Streets of San Francisco", in die grosse Stadt hinein. Die Einfahrt ist kein Problem für uns, NL22-14da wir uns mit Kartenmaterial vorbereitet haben und die Stadt ein Paradies für Fahrradfahrer ist. Es gibt überall Radwege und Radsteifen für uns. Wir haben unterwegs so viel von dieser Stadt gehört, dass wir uns sehr auf diesen Besuch freuen. Durch den riesigen Golden Gate Park fahren wir mitten ins Zentrum zu unserem Freund Mike, den wir auf der Baja kennen gelernt haben. Hier wohnen wir in einem der typischen Apartements im obersten Stock eines älteren Hauses mit Mike und noch zwei weiteren Wohngenossen. Hier warten einige Abenteuer auf uns...

See you ...

Marion and Andi