Nach fünf Tagen in den herrlichen Bergtälern und Regenwäldern der Yungas sind wir wieder in die Metropole La Paz zurückgekehrt - aber nicht für lange Zeit (dazu mehr Infos später)...

Vor fünf Tagen haben wir La Paz für einen mehrtägigen Ausflug verlassen und wir machen uns auf einen abenteuerlichen Weg ... Wir wollen mit dem Rad über die gefährlichste Strasse der Welt - die Ruta de la muerte (Todesstrasse) - in das Dorf Coroico fahren. Dieses liegt in den Yungas von Bolivien auf knapp 1800 m.ü.M., und ca. 100 km von La Paz entfernt.

Die Yungas-Regionen (Nord- und Südyungas) bildet den Übergang zwischen dem Hochland der Anden (über 4000 m ü.d.M.) und dem tropischen Tiefland mit dem Amazonas-Regenwald (ca. 500 m).

Jungas1_01Um nach Coroico gelangen zu können, muss zuvor der 4650 Meter hohe Pass "La Cumbre" überwunden werden. Aufgrund der Etappenlänge und Zeit entscheiden wir uns, mit dem Bus bis auf den Pass (20 km) zu fahren, da wir kein Zelt und Schlafsäcke bei uns haben. Dann beginnt die sensationelle Abfahrt von 4650 m.ü.M. bis auf knapp unter 1300 m.ü.M. hinunter!!! Es ist kalt auf dem Pass und wir fahren, gut "eingepackt", gleich los. In rasendem Tempo geht es zuerst noch kurvenreich und steil die Asphaltstrasse hinunter. Dann zweigt auf ca. 3200 m.ü.M. ganz unscheinbar eine Schotterstrasse rechts ab ... die muss es sein, die bekannte bolivianische Todesstrasse. Beim Einstieg in die Strasse haben wir einen herrlichen Blick in das lange, tiefe Tal hinunter, deren hohenBerghänge dicht bewaldet sind. Jungas1_02Die einspurige Straße führt ohne irgendwelche Begrenzungen direkt am tiefen Abgrund entlang. Schon viele tödliche Unglücke hat es auf dieser Strasse gegeben. Nun fahren wir etwas langsamer und vor allem vorsichtig die steile und kurvenreiche Naturstrasse hinunter. Inzwischen ist es schon wärmer und feuchter geworden. In unsere Nasen steigt der Geruch von feucht-tropischen Pflanzen. Wieder einmal mehr auf unserer Reise sind wir plötzlich in einer neuen, anderen und fantastischen Welt. Ständig halten wir an um die schöne Aussicht auf die Wälder und Täler zu geniessen und um Fotos zu machen. Viel zu schnell ist es später Nachmittag und wir erreichen auf 1230 m.ü.M. das Dörfchen Yolosa und somit den tiefsten Punkt. Unser Ziel Coroico liegt jedoch leider 600 Meter höher ... auf einer harten Kopfsteinpflasterstrasse fahren wir die strengen 6 km hoch, was uns einige Schweisstropfen kostet. Wir fühlen uns wie bei Fahrradrennen Jungas1_04"Paris-Roubaix", nur sind wir ein bisschen langsamer Zwinkern. Das Dorf erreicht, müssen wir nochmals 4 km eine schlechte Schotterstrasse hinauffahren und unser Nachtlager suchen. Es ist bereits dunkel, als wir in der Finca Shanti von René Brugger ankommen. Wieder einmal mehr haben wir das grosse Glück privat unterzukommen. Und diese Adresse ist eine sehr schöne und ganz besondere, wie sich später herausstellt ...

Die Yungas-Straße ist um die 65 km lang und wurde während des Chacokrieges (1932-1935) von Gefangenen aus Paraguay erbaut, von denen auch damals schon viele dabei ihr Leben lassen mussten. Für La Paz war sie lange die wichtigste Lebensader um zu Lebensmittel und viele andere Dinge zu kommen. So quälte sich der gesamte Verkehr über diese enge, gefährliche Strasse. Lastwagen kreuzten in halsbrecherischen Manövern und so kam es auch immer wieder zu tragischen Unfällen. Seit ca. 4 Jahren führt eine neue Asphaltstrasse nach Yolocito, unterhalb von Coroico und die Ruta de la muerte ist für den Schwerverkehr gesperrt.

Jungas1_03Der Schweizer René Brugger mit innerschweizerischen Wurzeln wohnt seit über 15 Jahren in Coroico. René produziert hier auf 1800 m.ü.M. den äussert guten und qualitativ hochstehenden Kaffee Munaipata. Mit seiner Unternehmung betreibt er auch auf eigene Faust und Kosten Entwicklungshilfe für die Einheimischen im Kaffeeanbau. Bei René dürfen wir 5 Tage in einem wunderschönen Gästehaus übernachten. Ein idyllischer Ort, mitten im Bergregenwald gelegen. Nach schönem Wetter an den ersten beiden Tagen sind dann die restlichen Tage unseres Aufentaltes viel bewölkt und in der Nacht regnet es meistens - typisches Yungas Wetter, aber für uns kein Problem. Jungas1_06Wir sind froh, ist es hier um einiges wärmer als auf dem Altiplano. Auch haben wir hier endlich wieder feuchte Luft, die einem die Atemwege nicht austrocknen lassen und wir können wieder einmal in völlig grüner Natur verweilen. Unsere grosse Begeisterung gehört hier vor allem den vielen Früchten. Orangen, Mandarinen, Zitronen, Bananen, Papayas und viele mehr wachsen hier überall. Wir können kurz aus dem Haus und uns schnell eine frische Orange vom Baum pflücken ... nicht irgendeine Orange ... es sind die besten, frischesten und aromatischten Orangen, die wir je hatten...

Jungas1_05Der äusserst sympathische Mitarbeiter Andrés führt uns in die Geheimisse des Kaffees und der Kaffeeproduktion ein. Wir können alle Prozesse vom Kaffeeanbau bis zur gerösteten Bohne kennen lernen und sogar auch selber Hand anlegen - für Andi als Kaffeeliebhaber ist das alles absolut grandios. Wir spüren hier auch die grosse Begeisterung und Freude für den Kaffee - es herrscht eine schöne Atmosphäre. Die anderen Tage nimmt sich Andrés noch mehr Zeit für uns und zeigt uns die Umgebung von Coroico. In seiner ruhigen Art und sehr deutlichem Spanisch erklärt und zeigt er uns unheimlich viel. Wir fahren an schöne Jungas1_07Wasserfälle und durch das Hinterland, wo viel Coca angebaut wird. Mit René zusammen wandern wir zum Gipfel des Cerro Uchimachi, wo man einen herrlichen Ausblick über viele Täler der Yungas hätte - hätte! Kaum oben angekommen verdecken uns dichte Wolken und Nebel die schöne Sicht. In leichtem Regen steigen wir wieder ab ... es war trotzdem ein schönes Erlebnis.

An den gemütlichen Abenden erzählt uns René, natürlich bei einem feinen Kaffee Munaipata, viel Interessantes über den Kaffee, sein Entwicklungsprojekt und seine Idee ... aber auch viel über die organisatorischen und menschlichen Schwierigkeiten eines solchen Projekts. Zudem deckt der Kaffeeverkauf die Produktionskosten immer noch nicht ...

munaipataÜber den Prozess der Kaffeeproduktion und warum der Kaffee Munaipata von René Brugger qualitativ so gut ist und sich von anderen abhebt, über das Entwicklungsprojekt usw. werden wir einen interessanten Artikel veröffentlichen.

 

Bereits sind die fünf Tage wieder um und wir müssen nach La Paz zurück, da wir mit Vicente und Miguel noch eine Bergtour auf einen 5000er machen wollen. Natürlich nehmen wir für die 3500 Höhenmeter wieder den Bus bis auf den Pass hinauf ... (man möge es uns verzeihen). Jungas1_08Beim Busterminal in Coroico treffen wir zufälligerweise auf zwei weitere Radfahrer. Es sind dies Bettina und Rafael aus Basel, die am Vortag auch die Ruta de la muerte hinunter gefahren sind. Am gleichen Abend treffen wir die beiden nochmals in La Paz zu einer gemütlichen und interessanten Runde, um Erfahrungen und Geschichten auszutauschen. Nach 2 Stunden sind wir mit dem Bus wieder auf dem Pso. La Cumbre, wo wir wiederum aussteigen. Aber welch eine Überraschung. Ein deftiger Wintereinbruch hat viel Schnee gebracht und die Landschaft richtig verzaubert. Es war ein ungewöhnlicher Wintereinbruch, der bis in tiefe Lagen hinunter Schnee gebracht hat (tief heisst hier fast bis auf 4000 m !?).

Nach einer kurzen und kalten Abfahrt erreichen wir La Paz und kämpfen uns durch den Verkehr nach Hause. Unsere Bergtour auf den Pico Austria konnten wir noch nicht durchführen, da immer noch zu viel Schnee in den Bergen liegt. Evt. ist es in ein paar Tagen wieder möglich ... hoffentlich.

Wir melden uns wieder. Hasta luego !!!

Los Marandis