Panorama-LittleHarborDie Bucht von Little Harbor auf Island Santa Catalina

Die letzten Tage vor der angekündigten, aussergewöhnlich langen Schlechtwetterperiode wollen wir ausnutzen und besuchen die Los Angeles vorgelagerte Santa Catalina Island - natürlich mit Fahrrad. Ein besonderes Erlebnis mit vielen Bekanntschaften und auch mit der Erkenntnis, dass Amerikaner einfach anders sind ...;-). Mit einer Schnellfähre erreichFahreen wir nach einer Stunde den Hafen von Avalon, welcher in einer schönen Bucht liegt. Es ist bereits Mittag und wir wollen sofort losfahren, um irgendwo im Landesinneren der kleinen Insel zu campen. Spontan halten wir auch gleich noch beim Tourist-Infostand, wo wir prompt per Zufall erfahren, dass wir ein Permit benötigen, um auf der Insel Radfahren zu können. Ein paar Häuserblocks weiter stehen wir nach einigen Minuten schon im Büro der Parkverwaltung. Hier erleiden wir einen kleinen Schock ... das Permit kostet sagenhafte 80 US$ pro Person, nur um einen oder auch zwei Tage auf der Insel Rad zu fahren!!! Komischerweise müssen Wanderer dagegen nichts bezahlen. Weiter sollen wir uns auch schon im Voraus festlegen und anmelden, auf welchen offiziellen Campgrounds der Insel wir nächtigen wollen. Diese Kosten und Einschränkungen sind wir uns überhaupt nicht gewöhnt, engen uns ein und wir wehren uns ziemlich vehement, aber stets freundlich. Das Beste kommt jedoch noch... Während des Gespräches mit den zwei AvalonBüroangestellten der Parkverwaltung schreiten diese zu unseren Rädern, begutachten sie genausten und meinen ernstlich, dass unsere (top!) Schwalbe Reifen nicht gut genug sind um auf den Dirt-Roads der Insel zu fahren. Das sei zu gefährlich mit diesen Reifen !!! Hier darf man nur mit den dicken Stollen fahren. Wir beide schauen uns nur noch mit grossen Überrascht an und denken im Geheimen: „Bitte lass uns einfach schnell wieder mit der Fähre zurückfahren!". Es ist uns aber auch bewusst, dass die beiden Parkangestellten nur ihre Pflicht tun und wir dürfen dies nicht persönlich nehmen. „It's the law" ... das werden wir wohl noch viel hören, denn der Amerikaner geht kein Risiko ein um ihn für irgendwas haftbar zu machen. Die Angst vor Entschädigungssummen im Bereich Haftplicht ist die Horrorvision eines jeden Bürgers hier. Wir lassen nicht locker und erzählen freundlich von unsereCaddym Projekt. Das lässt die beiden nicht kalt und sie staunen nur noch; insbesondere, dass wir nun auch noch „ihre" Insel besuchen. Bald sind ein, zwei Telefonate gemacht und nach einer halben Stunde haben wir unser Permit in der Hand - gratis! Das Campground Problem lösen wir auch noch und so können wir endlich losfahren und uns frei bewegen. Im Nachhinein haben wir noch erfahren, dass der Parkchef persönlich den Rangers im Park mitgeteilt hat, dass sie den beiden Tourenradler mit grösstem Wohlwollen zu begegnen haben.

Die Insel Santa Catalina ist ein kleines Bijou. Nur Roadein paar tausend Leute leben darauf, über 95% wohl in Avalon selber. Dort fährt der etwas beleibte Tourist mit einem Golf-Caddy umher, was einfach sehr lustig aussieht. Um diese Jahreszeit hat es nicht viele Touristen und für den grössten Teil der Insel gilt Autoverbot. So gehört die Insel fast nur uns. Sie zeigt uns aber auch sofort, warum es hier nicht so viele Radfahrer hat ... gleich die ersten knapp 5 km führen uns mit einer konstanten Steigung von über 9% bergauf. Dafür werden wir Bisonoben mit schönstem Panorama auf Insel, aufs Meer und an die gegenüberliegende Küste von Los Angeles belohnt. Beeindruckend für uns und auch ein Grund des Besuches sind die freilebenden Bisons auf der Insel. Tatsächlich haben wir das Glück und sehen diese grossen, mächtigen Tiere bereits am ersten Tag. Genüsslich fressen sie Gras auf den grünen Weiden. Die Tiere sind sehr friedlich, doch zu Nahe sollte man sich auch nicht wagen. Tut man auch nicht, denn ihr riesiger Kopf und der laute Atem flösst einem schon grössten Respekt, bzw. etwas Angst ein.

In „Little Harbor", einer kleinen, einsamen Bucht schlagen wir unser Zelt auf einem wunderschönen, mitten in Palmen gelegenen Campground auf, welcheLittleHarbourn wir mit zwei jungen Amerikanern teilen. Es ist schön, der touristischen Küste Kaliforniens entfliehen zu können und diese herrliche Ruhe zu geniessen. Doch zu früh gefreut ... Morgens um halb sechs Uhr werden wir durch Autolärm und lautem Reden und Gelächter geweckt. „What the hell is that"??? Wir kriechen aus dem Zelt und sehen, dass direkt hinter uns ein Verpflegungsstand für Marathonläufer aufgebaut ist. Und tatsächlich kommt da auch schon der erste Läufer, welcher mit grossem Beifall begrüsst wird. Wir erfahren, dass heute der „Catalina 50 Miles Run" (80 km) stattfindet. Somit ist unser Tagesgespräch gegeben, denn unsere heutige Strecke zurück nach Avolon folgt exakt der Rennstrecke. Während wir den Berg 50MileRun1hoch radeln, kommen wir sogleich mit den Läuferinnen und Läufer ins Gespräch, welche hier einen Gang runter schalten müssen (wir natürlich auch!). Sie haben ja bereits 30 km hinter sich, sind aber auch den Berg hoch immer noch guten Mutes und bei bester Laune. Natürlich feuern wir alle an und beglückwünschen sie zu dieser Leistung. Unglaublich, auf dieser Insel 80 km mit über 2000 Höhenmeter zu rennen ... da ziehen wir den Hut und wieder einmal mehr das Rad vor. Lustigerweise haben uns aber die Läufer immer wieder bemitleidet, wenn wir so schwer beladen die Steigungen erklettert haben.

Zurück von unserer Inselrundtour beklatschen wir in Avalon die ins Ziel laufenden, überglücklichen Sportler. Doch auch 50MileRun-Medaillewir sind einmal mehr ein Ziel von Reportern und Fotografen. So übergibt uns der Organisationschef feierlich die Medaille „Finisher 2010 - 50 Mile Run"! So begeistert sind sie von uunserem Trip. Wir finden aber nicht im geringsten, dass wir eine solche Auszeichnung verdient haben. Mit der Fähre geht es leider bereits am zweiten Tag wieder zurück aufs Festland von Long Beach, denn das Wetter ist zu unsicher geworden. Es ist schon Abend und so radeln wir in schönstem Sonnenuntergang die 25 km zurück nach Huntington Beach, zu unseren schon bekannten Gastgebern Franz und Ruth. Hier bleiben wir nun eine Zeit lang um die bevorstehende Sturmfront geschützt zu überstehen ...