Lima

Der erste Eindruck von Lima mag enttäuschen, ja gar abschreckend wirken. Selbst haben wir dies so erfahren, als wir bei der Einfahrt durch die unangenehmen Vororte und dann unendlich lLima_04ange durch die verschiedenen Stadteile von Lima, teils auch auf der Autobahn, gefahren sind. In der unkontrolliert gewachsenen Metropole ballen sich soziale und wirtschaftliche Probleme; der Strassenverkehr ist chaotisch, Umweltverschmutzung und Strassenlärm sind auch gravierend. Kommt noch hinzu, dass Lima in den Wintermonaten trübselig in dichten Nebeltagen versinkt. Doch das alles bedeutet nicht, dass Lima ohne Reiz wäre ... Die Stadt mag uns wohl nicht so faszinieren wie La Paz in Bolivien, aber auf den zweiten Blick gefällt sie uns ... immer mehr. Zudem sind die Limeñer im Allgemeinen offen und freundlich, was uns, nach unseren bisher gemachten Erfahrungen, sehr freut.

Die Zeit in Lima ist für uns vor allem durch die grosszügige und herzliche Gasttreundschaft von Harald und Gudrun mit ihrer Tochter Magdalena geprägt. Einfach so zwei (zuerst noch drei) unbekannte, hungrige und nach Schweiss und Abgasen stinkende Radfahrer aufzunehmen ist ja überhaupt nicht selbstverständlich und nicht jedermanns(fraus) Sache. Meinten wir zu Beginn tatsächlich,Lima_11 dass wir nur 4 Tage in Lima bleiben wollen, so sind es nun insgesamt fast 3 (drei!) Wochen geworden! Diese Zeit haben wir auch für organisatorisches benutzt, u.a. haben wir erfolgreich das VISUM für die USA beantragt und erhalten. Mit der Familie haben wir Lima gut kennengelernt und waren in vielen Stadteilen zu Besuch. Natürlich gehörte auch ein kultureller Besuch der anderen Art dazu - Oktoberfest, made in Peru! Die Familie kommt ursprünglich aus Region nördlich des Bodensees. Sie lebt seit 3 Jahren in Lima und seit über 15 Jahren in verschiedenen Ländern Südamerikas. Die interessante Arbeit von Harald ist es, die die Familie immer wieder weiterziehen lässt. Harald ist hier Peru in der Entwicklungsarbeit für die EU und Deutschland tätig. Ein faszinierender Job, über den wir später noch ein wenig berichten.

Die Stadt Lima, mit ihren 9 Millionen (!) Einwohnern, ist riesig. Lima_01Wir staunen immer wieder, wenn wir irgendwohin fahren - sie dehnt sich auf fast 50 x 25 km aus. Obwohl die Stadt so gross ist, erdrückt sie uns nicht. Es hat viele kleine Parks und die Strassen sind breit mit grosszügigen Gehsteigen. Gegen Westen stösst sie ans Meer, über eine ca. 30 Meter hohe Klippe. Gegen Süden hat es wunderbare Strände. Mit Harald konnten wir gleich nach unsere Ankunft einen herrlichen Sonntag am Sandstrand von Santa Maria verbringen. Unsere bleichen Füsse waren dies nicht gewohnt - am Abend merkten wir, dass wir einen bösen Sonnenbrand erlitten haben.

Lima_09Der Stadtteil Surco, wo wir "unser Zuhause" bei Harald und seiner Familie haben, grenzt direkt an die Viertel Miraflores und San Isidro. Sie liegen im Südwesten von Lima, nahe am Meer. Wie diese beiden Bezirke ist auch Surco überraschend modern, sauber und wir fühlen uns sicher. Vor allem geniessen wir wieder grösste Gastfreundschaft und es ist in diesem Wohnviertel ausgesprochen ruhig. So ruhig wie noch überhaupt nirgends in Peru. Es ist richtig herrlich, wir geniessen es und schlafen hier bestens.

Das eigentliche Zentrum Limas liegt einige Kilometer von Lima_07uns entfernt. Da stehen die Gebäude der politischen und religiösen Macht Seite an Seite. Die Stadtregierung hat viel versprechende Massnahmen getroffen, um das koloniale Zentrum wieder in vollem Glanz auferstehen zu lassen. Auch hier haben sehr viele Erdbeben die Gebäude zerstört, die man immer wieder neu aufbauen musste. Dabei wendete man jeweils auch neue Bautechniken an, um besser gegen die Erschütterungen der Beben geschützt zu sein. Mächtige Kirchen und viele schöne alte Balkone und das Regierungsgebäude prägen die Plaza de Armas.

Lima_03Mitten im modernen und reichen Stadtteil San Isidro/Miraflores, lag lange Zeit ein unbeachteter, brach liegender, von Gras überwachsener Hügel Er stand kurz vor der Überbauung, hätte man dort nicht, erst im Jahre 1999, Ruinen entdeckt - zufällig bei Aushubarbeiten. Es sind die Tempelanlagen von Huaca Pullana. Faszinierende Lehmpyramiden aus der Prä-Inkazeit (ca. 400 n.Chr.). Der Ort war wohl das zeremonielle und administrative Lima_10Zentrum der Lima Kultur, die die Kontrolle über das Tal hatte. Eigentlich ist es eher eine primitive Bauart und doch staunen wir über diese Technik: Viele kleine Lehmziegel werden aneinandergereiht, und übereinander geschichtet, bis dicke und auch erdbebensichere Mauern entstanden. Die Mauern sehen aus wie Büchergestelle. Eigentlich unglaublich, dass man diese Stätte nicht schon früher gefunden hat. Leider wurde in dieser Anlage fast zu viel rekonsturiert, so dass das Ganze etwas künstlich daherkommt

Lima_05Kolumbien oder Mexico? Als wir hier ankamen, waren unsere Gedanken bereits schon in Ecuador und in Kolumbien. Wir wollten diese beiden Länder unbedingt mit Johannes zusammen durchfahren, haben wir doch von anderen Radlern nur Positives darüber gehört. Bei genauerer Planung unserer Weiterreise gibt es aber eine leise Ernüchterung ... unsere verfügbare Zeit wird dafür nicht ausreichen... ausser wir würden ein grosse Opfer bringen und dafür Mexico auslassen. Das war eine nicht ganz einfache Entscheidung und nach vielen Überlegungen haben wir uns für die Maya-Kultur und damit für Mexico entschieden. Das bedeutet, dass wir hier in Lima alles in ein Flugzeug packen und auf die Yucatan-Halbinsel fliegen. Unsere Reise nimmt somit den Verlauf, wie wir ihn schon zu Hause geplant hatten.

Mit dem Entscheid für Mexico müssen wir auch von Johannes Lima_06 Abschied nehmen - leider. Bereits vor ein paar Tagen ist er losgezogen und fährt nun wieder durch die Anden Richtung Norden. Fast zwei Monate sind wir zusammen gefahren und haben uns sehr gut kennen und schätzen gelernt. Es war eine tolle Zeit mit ihm, die wir nie vergessen werden. Wer weiss, vielleicht treffen wir uns ja wieder ... vielleicht in Los Angeles bei seinem Bruder? Oder später, falls er sich von uns doch für Alaska begeistern lassen konnte?

Auch verabschieden wir uns nun definitiv von Peru und von Südamerika. In jeder Hinsicht ein absolut fantastischer Kontinent, der uns um unerschöpfliche Erfahrungen reicher gemacht hat. Bestimmt werden wir wieder eines Tages hierher zurückkehren ...

Und tschüss ... Los Marandis