Die Entscheidung, mit dem schwer lädierten Fuss (siehe Blog) zu starten, fiel uns nicht ganz leicht, doch sie hatte natürlich ihre Gründe. Erstens das Wetter, das an diesem Tag vielversprechend gut aussah und ausgenützt werden sollte, zweitens der Fahrplan der Fähre beim Lago O'Higgins (fährt nur 3x / Woche) und drittens der Lebensmittelvorrat. Mit dem "Kopf durch die Wand" wollten wir natürlich auch nicht und haben uns vorgenommen, trotz der oben genannten Gründe, zuerst einen Testlauf zu machen. So können wir beurteilen, ob der Fuss von Andi den Belastungen stand hält. Erst danach würden wir dann den Ausreisestempel beim Zoll holen. Natürlich mussten wir dies auch noch den Zollbeamten erklären, welche aber grosses Verständnis dafür hatten.

Der Übergang von oder zur Carretera Austral ist noch nicht so lange bekannt. Er ist zwar beschwerlich und streng, jedoch erspart man sich damit die hunderte von Kilometern aussen herum auf der berühmt, berüchtigten Ruta 40! Diese sei sehr hart zu fahren, eher öde und langweilig, voll dem Wind ausgesetzt und hat sehr wenige Verpflegungsmöglichkeiten bzw. Wasserstellen. Die Carretera Austral hingegen ist ein Bijou ...

Vollbepackt machten wir uns also auf den Weg, Uebergan_03um die ersten, berghoch führenden 1.5 Km, zu Fuss zu bewältigen. Es war zu Beginn so steil, dass wir das vollbepackte Fahrrad nie hätten dort hinauf schieben können. Andi läuft sehr langsam und vorsichtig. Je länger er läuft, desto besser geht es... (mehr oder weniger(!)), dies gab uns Zuversicht. Nach einer Stunde machen wir im dichten Wald ein Gepäckdepot und entscheiden uns definitiv, dass wir den Übergang heute machen werden. So gehen wir zurück, bauen das Zelt ab, holen uns den argentinischen Ausreisestempel beim Zoll und schieben das Fahrrad mit dem Restgepäck zum ersten Depot hoch.

Uebergan_06Gemäss "hören sagen" von anderen Tourenradlern seien die ersten 1.5km die steilsten und härtesten - danach könnte man das Rad dann schieben. So bepacken wir die Räder wieder und schieben sie durch den schmalen Waldpfad. 20 Meter geht das gut, aber dann ist wieder Schluss. Alles Gepäck runter vom Rad und wieder separater Gepäcktransport zu Fuss. Wir haben keine Chancen unsere sehr schweren Räder vollbepackt zu schieben. Der Waldweg ist schmal, und geht teilweise in eine tiefe Rinne über, Uebergan_04welche auch noch sumpfig ist - total mühsam. Es geht rauf und runter, über Bäche und durch Sümpfe - es ist feucht wie in einem Regenwald. Ein in der Tat richtig abenteuerlicher Abschnitt. Nach 2 Stunden beginnt es leicht zu regnen. Natürlich sind wir gerade bei den Fahrräder und unsere Regenjacken sind ca. 45 Minuten vor uns, beim x-ten Gepäckdepot. Zum Glück sind wir im Wald, so dass wir nicht klitsche-nass werden.

Uebergan_05Es sind genau 5.6 km bis zur argentinischen-chilenischen Grenze, wo ein Schotterweg beginnen soll. Über 6.5 Stunden benötigen wir schliesslich für diesen Waldpfad, den wir durch den einzelnen Gepäck-/ Fahrradtransport dreimal bewältigen.

Völlig müde und nass können wir bei der Grenzlinie unsere Räder bepacken und freuen uns über "leichtere" 16 km nach Candelario Mansilla, von wo aus die Fähre nach Villa O'Higgings fährt - dem Start der Carretera Austral. Diese Strecke war dann doch nicht so leicht - sehr grober und loser Schotter zwingen uns zu höchster Konzentriertheit. Gegen Ende geht die Strasse so steil hinunter, dass wir aus Vorsicht einige Male von den Rädern steigen müssen.

Uebergan_08Nach total fast 12 Stunden erreichen wir am Abend endlich um 21:00 Uhr den Zeltplatz bei Candelario Mansilla. Nie im Leben hätten wir gedacht, dass wir so lange für den Übergang brauchen würden. Wäre die Fähre heute gefahren, wir hätten sie um 18:00 Uhr klar verpasst. Unsere Entscheidung heute den Übergang zu machen war für uns richtig.

Candelario Mansilla ist wieder ein ganz spezieller Ort. Uebergan_01Ähnlich wie am "Lago del Desierto", einfach am anderen Ende der Welt. Von hier aus gibt es nur das Schiff, um weiter zu kommen. Es ist einsam hier und nur wenige Leute nennen es ihre Heimat. Der Hafen besteht auch nur aus einem Steg. Unser Zeltplatz liegt ca. 50 Meter über dem Hafen auf einer kleinen Ebene. Super gelegen, mit herrlichem Ausblick auf den riesigen Lago O'Higgins. Es ist faszinierend schön hier und wir geniessen den nächsten freien Tag in vollen Zügen. Wir schlafen aus, erholen uns mit "nichts tun", geniessen die herrliche Aussicht, essen und schlürfen Kaffee ... Diesen Ort werden wir nicht so schnell vergessen! Auch deshalb, weil der gesamte Übergang wohl das bisher strengste war, was wir bisher gemacht haben. Fast sind wir an unsere Grenzen gekommen ... Auch der Fuss von Andi musste einiges "durchmachen" und gegen Ende des Tages wurden die Schmerzen auch wieder stärker. Aber wir können Entwarnung geben - alles ist im grünen Bereich und kommt gut!

Die 3-stündige Fährenfahrt nach Villa O'Higgins ist auch wieder ein besonderes Erlebnis. Uebergan_02Der Wind peitscht ungebremst über den See und beschert uns dadurch einen ziemlich unruhigen Wellengang. Wir verbringen die meiste Zeit, dick eingepackt und mit Regenkleidung, an Oberdeck, wo wir die volle Kraft des Windes und zwischendurch auch eine Gischt Wasser ins Gesicht zu spüren bekommen. Wie kleine Kinder quietschen wir zwischendurch vor Vergnügen.

Knapp vor dem Eindunkeln erreichen wir den Hafen vor Villa O'Higgins, von wo wir, und davon sind wir völlig überrascht, die letzten 7 Km ins Dorf noch mit dem Fahrrad zurücklegen müssen. Wir finden gleich ein Hostel und fallen bald in einen tiefen Schlaf ...

Nun sind wir hier ... am Start zur CARRETERA AUSTRAL ... (Infos dazu siehe Newsletter Nr. 6)

muchos saludos
los marandis

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