Von Mendoza bis in Valle de la Luna

Zum ersten Mal nehmen wir für die Routenplanung die Satellitenbilder von Google-Earth zu Hilfe. Vier Möglichkeiten stehen uns von Mendoza aus zur Auswahl. Unsere zuvor geplante Route (auf fast 3000m.ü.M.) kommt aufgrund des kalten Wetters und Schnee nicht mehr in Frage und eine weitere (empfohlene) Variante Richtung San Luis ist uns doch ein zu grosser Umweg (500km). So wählen wir relativ schnell eine neue Strecke - zum "Valle de la Luna". Doch die Satellitenbilder versprechen nicht viel Interessantes für den 5-tägigen Weg dorthin, denn alles sieht nach Wüste aus ...

Überraschend haben wir Mendoza als eine sehr sympathische Stadt empfunden - mit vielen Bäumen und Parks. Alles wird künstlich bewässert, sonst würde hier nichts wachsen. Zuvor hatten uns viele Leute unterwegs, wie auch Einheimische vor dieser Stadt mit den vielen Gefahren und der Kriminalität gewarnt. Doch wir haben nichts davon mitbekommen, auch wenn wir noch um Mitternacht "nach Hause" gelaufen sind. Wahrscheinlich lag's auch daran, dass wir bei Belén und Roland direkt neben dem Haus des Vizepräsidenten (Cobos) von Argentinien gewohnt haben. Dieses wurde rund um die Uhr von Securitas bewacht.

Mit einem Erdbeben der Stärke 5.5 werden wir in Mendoza verabschiedet. Die Rüttlerei ist ein äusserst unangenehmes Gefühl und wir sind froh, wohnen wir im Parterre und nicht in einem Hochhaus! Kaum sind wir etwas ausserhalb der Stadt, befinden wir uns auch schon wieder in der Pampa und mehr und mehr in wüstenähnlichem und trockenem Gebiet - wie es uns die Satellitenbilder prophezeiten. Zur Sicherheit haben wir wieder unsere Wassersäcke gefüllt, denn bis ins nächste Dorf sind es doch über 110km - und falls wir auf heftigen Gegenwind stossen, müssten wir notfallmässig in der Wüste draussen das Nachtlager aufschlagen. Doch wir haben Glück ... mit einem leichten Rückenwind fahren wir zügig aus der Provinz Mendoza in die Provinz San Juan hinein und erreichen das Dorf Media Agua ohne Probleme. Die Stadt San Juan lassen wir links liegen und fahren im Zickzack durch viele kleine Dörfchen und Siedlungen - Vororte von San Juan und Caucete. Die Leute wohnen in äusserst einfach gebauten Hütten. Alles sieht für uns sehr ärmlich aus und liegt viel Müll herum. Es kommt uns vor, dass uns auch die Leute länger und genauer anschauen, so dass es uns manchmal gar nicht mehr so wohl ist. Hier sind wir halt die Ausländer - wir sind es uns wohl einfach nicht gewohnt. Hebt man jedoch den Arm und ruft "Hola - que tál?" zu, so schnellen meistens gleich alle Hände hoch und winkend kommt ein "Hola" zurück - ein schönes Gefühl, denn fast ausnahmslos sind die Menschen in Argentinien sehr, sehr herzlich.

Nun wird das Wetter, wie angekündigt, schlechter und schlechter, kälter und kälter. Deshalb sind die nächsten Etappen nicht sehr speziell, denn wir sehen kaum was von der Landschaft und zudem ist es teilweise wirklich sehr kalt - max Temp. 11°C (OK, so kalt ist das gar nicht - wir sind es uns einfach nicht mehr gewohnt, nach der Hitze vor Mendoza). Jedoch bläst ein kräftiger Wind, der das Ganze noch verschärft. So braun und "wüstenhaft" ist die Umgebung gar nicht. Viel "Grünzeugs" begleitet uns am Strassenrand und plötzlich sehen wir auch Kakteen. Zuerst nur vereinzelt, dann aber, je höher wir kommen, mehr und mehr. Es ist für uns ein ganz neues Landschaftsbild. Noch nie haben wir in Natura so grosse Kakteen gesehen - sehr beeindruckend.

Mit dem Besuch der "Difunta Correa" in Vallecito bringen wir zusätzlich ein wenig Abwechslung in das trüb-kalte Wetter. Es ist ein sehr touristischer und bekannter Ort. Die Leute hier im Norden sind sehr gläubig und verehren vieles - u.a. eben die "Difunta Correa". Sie wurde an dieser Stelle verdurstet aufgefunden. Ihr Kind aber hat dank ihrer Muttermilch überlebt. Die Leute verehren die Difunta Correa so sehr, dass sie ihr für alles, aber auch wirklich für alles dankbar sind. Fast überall in Argentinien werden an Strassenrändern kleine "Gedenkstätten" gebaut. Oft mit zahlreichen Petflaschen gefüllt mit Wasser versehen. Damit dort sicher niemand zu verdursten braucht. Nach Vallecito bringen die Leute ihre Häuser in Kleinformat, ihr Hochzeitkleid, ihre Spielsachen oder die Radwelle eines Traktors und danken der Difunta. Doch der Ort selber enttäuscht uns sehr ... es ist ein "Drecksloch" (Entschuldigung für den Ausdruck, aber es war so). Eigentlich wollten wir auf dem Camping zelten, doch der ist nur noch eine Müllhalde, das Hospedaje ist unter aller Kanone und beim einzigen Cabaña finden wir den Eigentümer nicht. So übernachten wir im einzigen, "relativ" teuren Hotel.

Gemäss Strassenkarte ist Marayes (77 km entfernt) der nächste, grössere Ort, wo wir die Nacht verbringen können. Doch dieser Ort entpuppt sich als sehr ärmlicher, fast zerfallener Weiler. Vereinzelt und weit auseinander, zwischen hohen Gebüschen stehen die Häuser, die fast wie Ruinen aussehen. Als wir dort einfahren, haben wir das Gefühl wir seien ein einer Geisterstadt. Marayes war einmal ein Goldgräber Dorf. Es hat Minen in der Umgebung, in welchen bis in die 60er Jahre Gold gewonnen wurde. Ein alter Bahnhof, der noch am besten aussieht, und die vielen Geleise weisen auf die vergangenen, glorreichen Zeiten hin. Es ist für uns sofort klar, dass wir hier kaum bleiben können. Wir wollen weiterfahren, um irgendwo in der Pampa zu übernachten. Zuerst jedoch brauchen wir noch Wasser. Wir wussten, dass es hier eine Polizeistation hat, wo man nach Wasser fragen kann. Erst als wir Leute fragen, finden wir sie hinten im Dorf. Nur ein kleines, altes, kaum lesbares Schild über der Tür, zeigt uns, dass es die Polizeistation sein muss. Der Polizist ist äusserst nett und gibt uns gleich Trinkwasser und heisses Wasser für unsere Thermosflaschen. Wir kommen ins Gespräch und nach über einer Stunde, merken wir, dass es ja schon sehr spät ist und der Gegenwind ziemlich stark aufgefrischt hat. Spontan fragen wir, ob wir hier nächtigen können. Der Polizist gibt uns ein "Time-out"-Zeichen und weg ist er. Nach 10 min. kommt er wieder und erklärt uns, dass wir in der Polizeistube übernachten können, sofern wir morgens um 8:00 Uhr wieder weg sind. Er habe gleich Feierabend und muss auf den Bus, um ins über 150 km entfernte San Juan zu kommen, wo er wohnt. So überlässt uns der Polizist tatsächlich die ganze Polizeistation. "Que suerte!" - wir haben ein Dach über dem Kopf und können an einem sicheren Ort übernachten. Als wir die Polizeistube betreten, sind wir etwas überrascht, wie einfach es drinnen ist. Nur ein Raum im Haus ist belegt und dieser besteht aus einem Gasrechaud, einem Funkgerät, einem Fernseher, einer Tiefkühltruhe, zwei alten "Hänge"-Betten und einem Sanitätskasten, der von Spinnennetzen umwoben ist. Natürlich sieht alles sehr alt und schmuddelig aus - aber daran haben wir uns in der Zwischenzeit gewöhnt. Und in den alten, halboffenen Schränken sind zahlreiche Plakate von Pinup-Girls aufgehängt Überrascht. Geschlafen haben wir übrigens in den Hängebetten nicht sehr gut!

 

Provinzpark Ischigualasto

NL10-ValleLuna4 12

Immer noch schlechtes Wetter ... heute ist es nur noch +5°C und dichtester Nebel, als wir in San Augustin losfahren. Solches Wetter haben wir bisher noch nie erlebt. Ständig müssen wir unsere, vom Nebel benetzten Brillen reinigen, damit wir noch etwas sehen können. Doch um die Mittagszeit lassen wir den Nebel hinter uns... und plötzlich scheint die Sonne.

Genau zur richtigen Zeit ... denn fünf Tage nach dem Start in Mendoza erreichen wir nach 469 km unser eigentliches Ziel, den Provinzpark "Ischigualasto" und somit das "Valle de la Luna". Der Park ist sehr abgelegen und liegt auf 1400 m.ü.M. So haben wir auch fast keinen Autoverkehr, was sehr angenehm ist. Beim Parkeingang können wir unser Zelt aufschlagen um am nächsten Tag das Valle de la Luna zu besuchen. Es ist ein willkommener Ruhetag für uns. Leider kann der Park nur geführt und nur mit Privatautos besucht werden. So sind wir gezwungen, "fremde" Leute nach einer Mitfahrgelegenheit zu fragen. Bei einem jungen, französischen Pärchen werden wir fündig und können bei strahlendem Sonnenschein in den Park fahren. Der Park selber ist eine riesige Senke und gleicht tatsächlich einer Mondlandschaft. Es ist grau, mit vielen kleinen Tälern und es hat zahlreiche bizarre Felsformationen. Kleine aber auch grosse wie der Wurm, der Pilz, die Steinkugeln oder das U-Boot. Es ist absolut fantastisch und wir kommen nicht mehr aus dem Staunen... Im Park hat man viele Fossilien gefunden, u.a. den ältesten Dinosaurier der Welt. Der weite Weg hierher hat sich auf jeden Fall gelohnt.

Nach einer weiteren Nacht beim Parkeingang (übrigens, unsere Wäscheleine hängt da immer noch am Zaun, falls gerade jemand vorbei kommt!!!) machen wir uns auf den Weg zum unserem nächsten, nicht weit entfernten Ziel. Gerade als wir losfahren, dürfen wir noch auf die Schnelle die Bekanntschaft mit Nina machen, einer deutschen Schreinerin, die auch auf der Walz ist. Jawohl, es gibt auch Frauen, die auf die Walz gehen (das wussten wir auch nicht). Wir verabschieden uns und fahren in die Provinz La Rioja, zu einem überraschenden, landschaftlichen Höhepunkt unserer Reise und zu einem etwas "geheimnisvollen" Ort ...

Hasta luego ... muchos saludos

Los Marandis