Die letzte 800 km Etappe in die Prudhoe Bay ist für uns das grösste Highlight in ganz Nordamerika. Der Dalton Highway, oder unter Lastwagenfahrern auch die Haul Route genannt, ist ABENTEUER PUR. In neun Tagen fahren wir von Fairbanks 810 Kilometer und überwinden dabei 10'000 Höhenmeter. Topografisch gesehen sind diese Tage wohl die Anstrengendsten unserer ganzen Reise, neben den Bergetappen in Peru und dem Paso Jama. Mit einem wahnsinns Wetterglück, was uns fast kein Einheimischer geglaubt hat, dürfen wir einen wunderschönen Abschluss unserer Reise erleben ... Als Abschluss ein etwas längerer Newsletter ...

MarandisTitelbild

 

„Was in aller Welt, wollt ihr in der Prudhoe Bay???“

Diese Frage und ähnliche müssen wir vor unserem Start von allen Seiten hören. Immer wieder werden wir gewarnt vor der absolut schlechten Strasse, dass es auf diesem Highway aber auch wirklich nichts an Nachschub gibt und Bären und ja sogar Wölfe auf uns warten. Gut, dass wir auf unseren mittlerweile grossen Erfahrungsschatz zählen können und wir uns darum nicht so schnell von der amerikanischen Panikmache anstecken lassen.

 

Vorbereitungen in Fairbanks

Trotz eineinhalb Jahren Touringraderfahrung bereiten wir uns seriös auf diese letzte, grosse Etappe vor und wir müssen einiges vor der Abfahrt organisieren: Wo immer möglich, holen wir uns Informationen über die Strecke ein. Wir sind Packenuns bewusst, dass je nach Wetter die Strasse derart schlecht werden kann, dass wir im Sumpf stecken bleiben können oder nur noch mühsam vorankommen und so plötzlich ein paar Tage mehr benötigen. Eigentlich haben wir ja gehofft, wir können auf unseren Originalreifen in die Prudhoe Bay einfahren. Aber dauernd Platten zu haben ist einfach nervig; also gehen wir kein Risiko ein und so geht’s nach 20‘000 km doch zum Reifenkauf. Auch müssen wir noch einen Defekt beheben: Andis Sattelbolzen ist schon seit mehreren hundert Kilometern gebrochen, was das Fahren für ihn ziemlich unbequem macht. Doch keines der beiden Radgeschäfte Reifenin Fairbanks kann uns da in nützlicher Frist helfen. Aber nicht verzagen! Da ist Jim, ein begnadeter Handwerker, den wir gerade erst kennen gelernt haben. Er fertigt uns doch tatsächlich einen neuen Bolzen an und erst noch gleich einen als Ersatz. Unglaublich! Die Ketten sind geschmiert und die Bremsen justiert. Sogar der verlorengegangene Bearbanger kann Andi durch eine megaschwere Eigenkonstruktion ersetzen (er funktioniert!); ein zweiter Bearspray wird gekauft. Am Material fehlt es nicht! Wir brauchen Essen für mindestens zehn Tage. Müssten wir dies alles mitschleppen, dann wären wir so schwer wie wir es noch nie waren. Wir könnten aber vielleicht mit der Post ein Päckchen nach Coldfoot zum einzigen Postoffice in der Mitte der Strecke schicken. Dieses ist aber nur an drei Tagen in der Woche zu beschränkten Zeiten geöffnet. Mmmh, da müsste es noch eine andere Möglichkeit geben: Vielleicht nimmt ein Truckfahrer unsere CarlilePäckchen mit und hinterlegt es im dortigen Restaurant. Also machen wir uns auf die Suche nach den Truckunternehmen in Fairbanks, die die Route nach Prudhoe Bay fahren. Gleichzeitig können wir dann auch abklären, ob wir vielleicht die Rückfahrt mit einem Truck antreten könnten. Gibt es da wirklich so grosszügige Unternehmen? Vom angesagten Regen lassen wir uns nicht einschüchtern und setzen den Tag für unsere Abfahrt fest. Eine starke Erkältung legt Marion noch am Tag vor der Abfahrt beinahe flach, aber das Ganze wird sich dann schon herausschwitzen. Vielleicht etwas leichtsinning gedacht mit dem Wissen, dass es keinerlei medizinische Versorgung für die nächsten zehn Tage gibt? Aber wenn man in den letzten vierzig Jahren seines Lebens keine Lungenentzündung oder Angina hatte, dann wird das doch wohl nicht gerade jetzt passieren…

 

Es geht endlich los!

EliottHwy

Kaum zu glauben, aber die Marandis sind doch richtiggehend nervös bei der Abfahrt. Aber mit jeder Pedalumdrehung fassen wir Selbstvertrauen. Auf geht’s in letzte grosse Abenteuer! Juhuiii!!! Bereits ausserhalb Fairbanks wird es gleich hügelig. Eine Vorwarnung: Wir werden die nächsten Tage die steilsten Aufstiege unserer ganzen Reise bewältigen. Dies mit Nahrungsmitteln, meist auch noch mit Wasser schwer beladen und oft auf geschottertem Untergrund. Den ersten Tag dürfen wBlixtCabinir aber noch auf Asphalt bestreiten, da der Dalton Highway erst nach 82 Meilen (rund 135 km) beginnt. Der leichte Regen, der uns noch für kurze Zeit begleitet, macht uns etwas Sorgen, aber als nach dem Mittag dann die Sonne hervorkommt und es ganz schön heiss werden lässt, werden wir immer zuversichtlicher. Es geht durch niedrigen Borealwald, wenig spektakulär, aber wir sind ja, wie gesagt, noch nicht auf dem Dalton Highway. Die Nacht dürfen wir in einem nahe der Strasse versteckten Blixt-Cabin verbringen, gut geschützt vor Mücken und Bären. Der befürchtete Regen bleibt aber aus und die Sonne brennt bis spät in die „Nacht“.

Der Dalton Highway startet mit einem Paukenschlag. Fertig lustig ist es mit Asphalt und eine steile Rampe nach der anderen kraxeln wir keuchend und schwitzend empor. Die ersten Staubwolken vorbeiratternder Trucks DaltonStartnebeln uns ein. "Jaaaaaaaaa, so lieben wir es!" Südamerika-Feeling kommt auf und Abenteuer liegt in der Luft (warum lieben wir süss-saure Fruchtgummis so? Weil sie eben nicht NUR süss sind! Und so ist es eben auch mit dem Radreisen und vielen anderen Dingen). Bei Yukon Crossing führt uns die einzige Brücke in Alaska über den riesigen Yukon River. Mit über 2100 Höhenmetern und über acheinhalb Stunden im Sattel fahren wir heute unsere allerlängste Etappe überhaupt und sind am Abend natürlich komplett gerädert. Und ja, unsere Hintern sind sogar wundgescheuert, das will was heissen, bei so viel Hornhaut nach über 1 ½ Jahren radeln. Aber nur so erreichen wir den nächsten Campground bei dem es endlich Trinkwasser von der Quelle gibt.

 

OelpipelineFacts Alaska Ölpipeline

Fast 1300 Kilometer lang ist die Ölpipeline, welche das gewonnene Öl aus der Prudhoe Bay in eineinhalb Tagen in den ganzjährig eisfreien Hafen von Valdez führt, wo es auf die grossen Tanker verladen wird. In nur zwei Jahren (75-77) wurde die Pipeline gebaut und kostete dazumal 8 Billionen US$. Etwa zur Hälfte ist die Pipline unterirdisch, der Rest ist oberirdisch geführt. Eine spezielle Konstruktion verhindert dabei das Aufweichen des Permafrostboden. Bis ins Jahr 2008 wurden über 19'500 Tanker in Valdez gefüllt. Die Ölpipeline überquert drei grosse Bergmassive und über 800 Flüsse und Bäche.

 

SandHill"Schlimmer kann es nicht mehr kommen", denken wir. Weit gefehlt!!! Die Anstiege am Tag drei werden noch steiler, extrem steil, bis zu 13%. Wenn wir vor diesen Hills stehen, können wir kaum glauben, dass man so steile Strassen für die grossen Trucks bauen kann, geschweige denn für uns. Sand Hill, Roller Coaster, Beaver Slide und solche schönen Namen haben sie diesen Hills gegeben. Hier realisieren wir, dass die ganze Strasse in nur 4 Monaten bis in die Prudhoe Bay gebaut wurde und man hat das Gefühl, die Planer (?) hätten einach einen Strich mit dem Linial auf der Karte gemacht !!! Doch auf allen Hügeln werden wir mit tollen Ausblicken über die weiten Täler belohnt und immer wieder gibt es spektakuläre Kombinationen aus Natur, Strasse und die imposante Alaska Ölpipeline. Klar, Erdöl ist momentan nicht gerade populär, aber dieses Bauwerk ist als technisches Wunderwerk einfach schwer beeindruckend! Heute rettet uns ein Regenschauer und der fehlende Biss vor einer weiteren Monsteretappe und wir sind sogar zu faul unser Zelt aufzustellen. So übernachten wir einfach auf dem Boden der grossen Klos beim Finger Mountain View Point. Das gibt uns auch Zeit, ein paar tolle Fotos zu schiessen. Die Wälder werden lichter und die Farbevielfalt nimmt zu. Das knallige Fireweed setzt sich ab von den vielen Braun-Grün-Tönen.

In einem langen Aufstieg erspähen wir vor uns etwas. Wir hoffen, endlich ein Tier zu sehen, aber da kommt schon ein Fahrzeug und dies wird es gleich verscheuchen. Aber nichts da, das "Ding" bleibt auf der Strasse. Ein Radler? PierreNein, es ist ein Fussgänger! Auf dieser Strasse??? Unglaublich aber wahr! Pierre aus Quebec ist vor ein paar Monaten in Vancouver gestartet und will in sechs Jahren um die Welt wandern. Dies mit seinem Kinderwagen, in dem er alle seine Habseligkeiten verstaut hat. Vor eineinhalb Tagen hat er uns in unserem Nachtlager überholt, ist die ganze Nacht hindurch gewandert und nun schaffen wir es endlich, ihn einzuholen. Als wir nach achtzig Kilometern wieder unser Nachtlager aufschlagen, kommt er um 8 Uhr abends anmarschiert und will trotz Blasen an den Füssen noch 8 Kilometer weiter. Da soll noch jemand sagen, wir machen etwas Verrücktes! Am nächsten Tag überholen wir ihn dann zum letzten Mal.

Tag 5 bringt uns nach Coldfoot, der einzige Ort auf den Dalton Highway. Ein Camp für SukakpakMountainStrassenarbeiter, mit Restaurant und einfachstem Hotel. Hier dürfen wir unser grosses Fresspäckchen mit Food für die nächsten fünf Tage in Empfang nehmen. Es hat mit dem Truck tatsächlich geklappt! Wir haben nicht so brav gegessen, wie geplant. Vielleicht auch wegen dem warmen Wetter. Und so müssen wir sogar einen Teil des Essensda lassen. Wir sind bereits am Mittag hier, so dass wir nur kurz Wäsche und Haare waschen, neu packen und dann noch ein Stück weiterfahren. Von jetzt an ändert sich die Landschaft, denn wir haben die Brooks Range erreicht, das grosse Gebirge, das sich im Norden von Alaska über 1000 Kilometer erstreckt. Die ersten wunderschönen Felsformationen künden das grossen Massiv an. Bald geht’s für eine Zeit nur noch aufwärts. Im Camp unter dem felsigen Sukakpak Mountain müssen wir jedoch zum ersten Mal eine heftige Regennacht über uns ergehen lassen. Es schüttet so stark, dass unsere Heringe vom Zelt richtig gehend ausgespült werden. Als wir mitten in der Nacht bemerken, dass unser Zelt halb zusammen gefallen ist, muss Andi bei strömendem Regen hinaus und die Heringe im Sumpf irgendwie wieder befestigen. Aber alles kein Problem, so lange die Sonne am nächsten Tag wieder scheint. Und das tut sie auch. So trocknet die schlammige Strasse schon nach wenigen Kilometern wieder ab. Wir sind einfach Glückskinder!

Eine Landschaft wie in einem Schweizer Bergtal lässt unsere Herzen höher schlagen und die Vorfreude auf den Atigun Pass bringt uns schnell vorwärts. ChandelarShelfWir passieren den letzten Baum vor der unendlichen Tundra. Weiter nördlich ist die Vegetationszeit einfach zu kurz für Bäume. Genau wie in Europa über der Baumgrenze. Nun folgen zwei er längsten und härtesten Aufstiege zwischen Fairbanks und Deadhorse (Prudhoe Bay). Schon nach dem ersten gelangen wir auf das Chandalar Shelf, wo sich die Landschaft schlagartig ändert. Die Weiten der baumlosen Tundra breiten sich vor uns aus und lässt uns nur noch staunen. Hier hat’s doch bestimmt keine Bären mehr! (Falsch gedacht!) Der zweite noch längere, aber nicht weniger steile Aufstieg bringt uns endlich auf den Atigun Pass (1453 m.ü.M.), dem höchsten Highway Pass in Alaska. Dunkle Wolken türmen sich auf und eine kalte Bise bläst uns ungemütlich um die Ohren. So stürzen wir uns schnell in die halsbrecherische Abfahrt.

AtigunPass

Was, hier fahren die Trucks auch noch im arktischen Winter runter? Wir können es nicht glauben! Das Tal, das sich vor uns ausbreitet, lässt uns nicht mehr aus dem Staunen rauskommen: Die karge Tundra mit den vielen Seen hat einen unglaublichen Charme und wir finden den perfekten Zeltplatz direkt unter der Alaska Ölpipeline. Obwohl das absolut verboten wäre und die Control-Pickups ununterbrochen patroullieren, scheinen diese Leute ein Herz für harmlose Radler zu haben. Da dieses eiserne „Getüm“ uns bereits seit Tagen begleitet und immer wieder fasziniert, ist es für uns auch etwas Besonderes, ihr einmal so richtig nahe zu kommen. Hier in der Tundra ist es zum ersten Mal ziemlich schlimm mit den Mücken. Das Tabu, nie im Zelt zu essen, wird beim Frühstück zum allerersten Mal gebrochen. Die Biester sind so zahlreich, dass wir in steileren Aufstiegen und bei jedem kurzen Halt aufs Übelste attackiert werden. Doch darauf sind wir gut vorbereitet mit Moskito Kopfnetz und Spray.

GalbraithLK

 

Verkehrte Welt?

Da sind wir weit über dem Polarkreis, fast an der arktischen Sea und wir können vor Hitze nicht schlafen. Trotzdem, dass wir fast halbnackt auf den Matten liegen, schwitzen wir und wälzen uns umher. Das hätten wir niemals in diesen nördlichen Breitengraden erwartet. Dies ist uns bisher nur in Mexiko passiert und wir hatten uns eher vorgestellt, dass wir froh um unsere Daunenjacken sind. Unser Wetterglück liess die Sonne fast 24 Stunden am Tag scheinen und Schatten gibt es hier in der Tundra auch nicht. Im Happy Valley, wo sich ein kleines, zur zeit bewohntes Camp für Strassenarbeiter und Jäger befindet, klopfen wir an und fragen für Trinkwasser. (Filtern ist ja sooo anstrengend!). Eine etwas grummelige verschlafene Frau erscheint in der Tür, schlägt uns unseren Wunsch aber nicht ab. Im Gegenteil: Zehn Minuten später sitzen wir mit ihrer kleinen Familie auf dem moskitogeschützen Balkon bei Coke mit Eis (das angebotene Bier schlagen wir um zehn Uhr morgens aus!) und unterhalten uns prächtig. Auch das hätten wir auf dem kaum bewohnten Dalton Highway nie erwartet. CokeNach drei Stunden und einigen Dosen Coke machen wir uns aber endlich wieder auf den Weg. Kurz vor unserem letzten Camp wird es hinter uns extrem dunkel und der Donner grollt unheimlich. Ein gewaltiges Gewitter zieht auf. Die Mücken spielen definitiv verrückt. Wieder einmal schaffen wir es gerade noch zu einer der wenigen Klohäuschen einer Rest-Area (das erste seit 180 km und das letzte vor Prudhoe Bay). Wir flüchten unter das Vordach, finden das Klo aber verschlossen vor. Also keine trockene Übernachtungsmöglichkeit. Der Spuk geht aber mehr oder weniger neben uns vorbei und schon bald können wir unser Zelt aufstellen und eine weitere heisse Nacht (nicht was ihr denkt!!!) steht uns bevor. Wir finden keinen Schlaf, aber wahrscheinlich auch, weil uns unsere allerletzten 100 km bevorstehen und eine gewisse Nervosität aufkommen lässt.

Welches Gefühl wird uns wohl überkommen, wenn wir in Deadhorse einfahren??? Ein Traum wird IntoTheSunwahr und gleichzeitig auch zu Ende sein… Um halb zwei Uhr morgens, die Sonne geht gerade unter, stehen wir auf, frühstücken und packen unsere Sachen zusammen. Als wir starten steigt über dem Horizont gerade wieder ein roter Feuerball empor und wir fahren geradewegs in die aufgehende Sonne. Diese Atmosphäre und Erlebnis werden wir nie vergessen. Der erwartete Gegenwind blieb aus und so kamen wir superflott voran. Nach einer kurzen Abfahrt fahren wir nun die ganze Zeit bis in die Prudhoe Bay in komplett flacher Tundralandschaft. Noch einmal versuchen wir alles um uns herum einzusaugen. Eine Zeitlang schränkt eine langgezogene (nur! ca. 20 Km) Nebelbank die Sicht ein und lässt es empfindlich kühl werden und als sich der MuskOxNebel lichtet, hat sich der Himmel überzogen. Einen versöhnlichen Abschluss in Bezug auf Wildtiere dürfen wir erleben, als eine Herde imposanter Moschusochsen neben uns an der Strasse auftaucht. Trotz Mückenattacken, ihr Kopfnetz ist Marion etwa zehn Kilometer vorher vom Rad gefallen und ging verloren, halten wir für ein paar Minuten und geniessen diesen wunderbaren Anblick der umherrendenen Moschusochsen. Die erhofften grossen Karibou Herden sind auf ihren Wanderungen noch nicht in dieser Region angelangt und auch die einzelnen Männchen liessen sich nicht blicken. Leider! Zehn Kilometer vor Deadhorse dann noch eine Überraschung: Der erste Radler kommt uns entgegen! Es ist acht Uhr und der Holländer ist eben auf sein Abenteuer nach Süden gestartet. Wir halten ein kurzes Schwätzchen und wünschen ihm dann viel Glück auf seinem langen Weg nach Fairbanks. Irgendwie haben wir fast ein bisschen Mitleid mit ihm, denn er weiss noch nicht, was alles auf ihn wartet.

Tundra2

 

9 km, 8, 7, 6,….3, 2, 1, Prudhoe Bay !!!

Wir sind da, wir haben es geschafft. Wir sind überglücklich. SiegEs ist einfach unglaublich, dass wir nach so langer Zeit nun hier sind und sich unser grosser Traum verwirklich hat. Wie erwartet sind unsere Emotionen in diesem Moment nicht überschwänglich. Vielmehr breitet sich ein ganz tiefes Glücksgefühl, eine tiefe Zufriedenheit in uns aus und wir werden wohl erst in ein paar Tagen oder Wochen so richtig realisieren, was wir hier geleistet haben. Insbesondere sind wir so glücklich darüber, dass wir völlig gesund das Ziel erreicht haben. Alles ist perfekt gelaufen, es gab, ausser den beiden Stürzen von Andi in Patagonien keinen nennenswerten Zwischenfall. Die freundlich winkenden Driver der Pickuptrucks scheinen ein wenig unsere Gedanken lesen zu können und freuen sich mit uns. Deadhorse ist nicht gerade das Ferienziel, das man normalerweise ansteuert. Der Ort existiert nur wegen der Ölindustrie. Die staubigen Strassen sind voll von grossen Trucks und Spezialfahrzeugen. Nur Containerbauten gibt es hier als Unterkünfte und neben ein paar wenigen Touristen, die sich hierher verirren, wohnen hier die Arbeiter, die 12 Stunden Schichten in den Ölfeldern schieben. Aber dies macht unsere Ankunft in dieser fremden Welt irgendwie PrudhoeBayHotelumso spezieller. Viel Zeit zum Feiern bleibt erst mal nicht. Schnurstracks geht es zum Büro der Transportfirma, die unser Päckchen nach Coldfoot gebracht hat. Ob sie ihr Versprechen, einen Rücktransport für uns zu organisieren, wohl einhalten können? Da jeden Tag mehrere Dutzend ihrer Trucks auf dem Dalton Highway unterwegs sind, sollte dies kein Problem sein. Es muss einfach noch ein „Freiwilliger“ gefunden werden, der sich 12 Stunden mit zwei „Touris“ in seinen Truck pfercht. Nicht jeder würde das wohl über sich ergehen lassen. So bekommen wir die Anweisung, wir sollen morgen um 6.30 Uhr wieder aufs Büro kommen und weitere Anweisungen in Empfang nehmen. Es tönt aber ganz zuversichtlich und so können wir uns auf Wichtigeres konzentrieren: Im zweiten Anlauf (es hat drei Hotels in Deadhorse) finden wir das passende Hotel, denn zelten ist hier wegen den gelegentlich herumstreunenden Grizzlys wie auch Polarbären verboten und angesichts der Umgebung einfach unpassend. Und für uns natürlich schlichtweg ein Muss, nach diesem „Sieg“. Es ist nicht nur das weiche Bett, Workerauf das wir uns nun nach Wochen auf der Zeltmatratze freuen, nein, wir finden das Paradies auch noch woanders: Im Preis inbegriffen ist das gesamte Essen und zwar rund um die Uhr. Da wir um 10 Uhr hungrig einchecken geht’s erst einmal zum ersten Mittagessen, dann um ein Uhr nach einem Schläfchen zum zweiten. Ice Cream und Dounuts zum Zvieri und Steaks mit allem erdenklichen Drum und Dran und riesen Dessertbuffet. Vor dem Schlafengehen noch ein paar frisch frittierte Shrimps… Na, läuft einem da nicht das Wasser im Mund zusammen? Da dies auch die Unterkunft der Arbeiter ist und in einer solch unwirtlichen Umgebung das Essen etwas vom Wichtigsten ist, ist die Qualität mit einem Fünfsternhotel vergleichbar. Am Abend können wir uns auch noch mit einigen dieser "harten" Männern, die schon seit 40 Jahren da draussen arbeiten, unterhalten und viele interessante Informationen und Geschichten hören.

 

Eine etwas andere Rückfahrt

Am liebsten würden wir ja gleich noch einen Tag länger bleiben. Aber nein, um fünf Uhr morgens verlassen wir das weiche, warme Bettchen. Die Qual wird aber durch das opulente Frühstücksbuffet etwas gemildert. Auf dem Weg zu „Carlile Transports“ kommt uns schon unser Chauffeur entgegen und begrüsst uns freundlichst. Rod, ein ganz lieber, aufgestellter Typ, wird uns also mit nach Fairbanks nehmen und ist zur Abfahrt bereit. Ein Problem muss noch gelöst werden: Er hat nur einen offenen, fTrucklachen Ladewagen und so müssen wir die Räder so befestigen, dass sie die ruppige Fahrt unbeschadet überstehen und bei Regen von dem hochspritzenden, zementartigen Schlamm gut geschützt sind. Das gelingt auch recht gut und unsere zahlreiches Gepäck ist schnell auf dem Bett in der Führerkabine verstaut, wo auch der eine von uns beiden die Fahrt verbringen darf. Gar nicht schlecht, denn das Schlafmanko der letzten Tage fordert seinen Tribut und so können wir uns für ein erholsames Schläfchen abwechseln. Toll, dass wir nun die Strecke noch einmal aus einer anderen Sicht Revue passieren können und auch erst noch erleben, was die Truckfahrer, die uns ja ständig begegnet sind, auf ihrem Trip während 12 Stunden leisten. Rod erklärt uns alles ganz genau und endlich erfahren wir aus erster Hand, wie es ist, diese Strecke im arktischen Winter zu absolvieren. Da klappt der Kiefer natürlich nach unten und man bekommt echt Lust, ein solches Abenteuer mal mitzuerleben. Wir kommen zurück, aber das nächste Mal im Winter. Ohne Rad, natürlich!!!

Unsere Reise ist noch nicht zu Ende ... ihr hört wieder von uns und irgendwann im September oder Oktober werden wir mit unseren Rädern in Luzern einfahren ... wir freuen uns jetzt schon darauf.

Happy Greetings

Marion und Andi